Altpolnisches, in Westpreußen ansässiges, zum Wappenbaum Newlin gehöriges Adelsgeschlecht.

Am polnischen Wappenbaum Newlin und somit dem polnischen Uradel zugehörig, stammt sowohl aus mündlicher wie auch aus schriftlicher Überlieferung aus Lithauen; wenigstens lassen sich ihre ältesten Spuren dort nachweisen, während der Sage nach die Küste des schwarzen Meeres ihre Urheimat gewesen sein soll, wo einer der Urahnen Hauptmann der Donschen Kosaken gewesen sei, was sich aber nicht nachweisen läßt. Wir müssen sie also dem lithauisch-polnischen Adel zurechnen, aus welchem Teile derselben, welche nach der Teilung Polens der Krone Preußen gehuldigt hatten, in den preußischen Adelstand übernommen wurde.
Die Familie, welche sodann teileise die altpolnische Schreibweise £ukowicz in Lukowitz umänderte, ist nicht zu verwechseln mit dem ausgestorbenen sächsischen Adelsgeschlecht von Lukowitz, welches ein anderes Wappen führte, noch auch mit den Familien Lukowiec bzw. Lukowiecki, Lukowski (der polnische Adel kennt keine Adelsartikel) und anderen, z. T. böhmischen Familien mit ähnlich lautenden Namen; denn das Wappen gibt immer den Beweis der Stammeszugehörigkeit.
Was die Ethymologie des Namens Lukowicz (Lukowitz) betrifft, so läßt sich derselbe weder von dem polnischen Wort Tuk(?) (=Bogen), noch von einem Ort und Besitztum Lukowo - er müßte sonst Lukowski lauten - ableiten; er dürfte vielmehr ein Sammelname sein und nichts anderes als ?Sohn des Lukas? bedeuten, den auch andere und bürgerliche Familien führen, die mit dem zum Wappenstamm Newlin gehörigen Geschlecht in keiner Weise verwandt sind.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hat dieses in Litauen begüterte Geschlecht früher einen anderen Namen, nämlich den litauischen Namen Sirwind geführt.
Der erste in einem alten Schriftstück (im Besitz der bei Konitz ansässigen Familie von Lukowicz) namhaft genannte Vorfahr führte den Namen Hrehory (alte Schreibweise von Gregor) Sirwind Lukowicz, was vermutlich Gregor,Sohn des Lukas Sirwind bedeutet. Gregors ältester Sohn nannte sich noch Sirwind Lukowicz, während später, wie es manchmal geschah, der ursprüngliche Name weggelassen und vergessen und der Beinamen beibehalten wurde. Diese meine Vermutung wird auf meine Anfrage bei anderen namhaften Genealogen auch von Dr. von Ketrzynski(?) geteilt, der mir schrieb: ?Einer der Sirwinds hat den Namen Lukas als Vornamen gehabt. Sein Sohn wurde daher in Litauen, wo das Russische lange Zeit Amtssprache war (Rußland war zeitweise im Besitz von Litauen), Lukowicz geheißen, d.h. Sohn des Lukas; und wie in so vielen anderen Fällen ist der Beiname zum ständigen Namen geworden. Die Familie Sirwind war sicher adlig (denn der obengenannte Gregor wird als Erbherr auf Zadziewo(?) in Litauen bezeichnet). Dann aber hat sie auch ihr eigenes Wappen besessen, und dies ist jedenfalls unabhängig von den Ronnebergs und Promnitz, welche doch nur ähnliche Wappenzeichen haben.? Es sei hier eingeschaltet, daß es in Litauen einen Ort Sirwinty und ein preußisch-litauisches Grenzflüßchen Schirwind gibt, von dem die Familie ihren Namen hergenommen haben mag. Die Übertragung polnischer Wappen an den litauischen Adel erfolgte schon in der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts.


Die Zugehörigkeit der Familie Sirwind Lukowicz zum alten polnischen Adel
wurde vermutlich durch die Personal-Union Litauens und Polens herbeigeführt, aus welcher Zeit auch wohl die Verleihung bzw. Annahme des polnischen Stammwappens NEWLIN datiert. Über diese Personalunion sagt der bekannte Genealoge Emilian von Zanicki-Szeliga(?) in seinem Werke ?Der polnische Adel?(1900): ?Nachdem Jagiello, Großfürst von Litauen, 1386 König von Polen geworden war, also eine Dynastiefamilie in beiden Ländern den Thron inne hatte, machte sich in beiden Ländern das Bestreben geltend, sich durch eine Personalunion fest zu verbinden. Zu diesem Zwecke fand eine Zusammenkunft des polnischen Adels und der einflußreichsten Litauer 1410 in Horodto statt. Dort erklärte der polnische Adel, zu seinen Prärogativen den litauischen Adel aufzunehmen. Es stellten sich aber einer Vereinigung dadurch Schwierigkeiten entgegen, daß außer den erschienenen vornehmen Litauern, die kein Wappen hatten und hier erst polnische Wappen, zu denen sie adoptiert wurden, annahmen, in Litauen ein eigentlicher Adel nicht bestand. Andererseits aber gab es sehr viele Familien, mehr oder weniger begütert, welche sich von den litauischen Dynastiegeschlechtern der Dorszprung und Gedijminen, auch wohl von russischen Dynastien ableiteten und den Fürstentitel führten.? (Auch mein Großvater Joseph von Lukowitz behauptete den fürstlichen Ursprung der Familie!?) ?Viele Familien verlangten die Beibehaltung dieses Titels, was der polnische Adel nicht bewilligen konnte, um seine Gleichberechtigung nicht zu stören (denn er hatte weder Fürsten noch Grafen usw.). Sigmund I., Großfürst von Litauen, 1500, dann auch von 1507 - 48 auch König von Polen, dem Vereinigungsgedanken ergeben, suchte in Litauen einen Adel zu schaffen, der dort 1508 - 28 in eine Adelsmatrikel(?) eingetragen wurde, und anerkannte 1538 diesem Adel wie dem polnischen das Recht der Großfürsten = wie der königs.... Doch erst seinem Sohne Siegmund August, der ihm 1548 - 72 in beiden Ländern folgte, als letzter Sproß des Jagiellonen-Geschlechts, gelang es auf dem Reichstage zu Lublin 1569 die Personalunion beider Länder einzuführen. Ein großer Teil der litauischen Fürstengeschlechter entsagte freiwillig seinem Titel; ein kleiner Teil, die Czartoryski, Lukomski, Ostrogitzi, Radziwill, Sanguszko, Wisniowiecki und einige andere, beanspruchten denselben weiter, und es wurde ihm hierin unter der Bedingung nachgegeben, daß daraus keine besonderen Prärogativen erwachsen dürften. Der Adel aller zu Polen gehörenden Länder wurde für durchaus gleichberechtigt erklärt.?
Die Veranlassung zur Übersiedelung unserer Familie bzw. eines Teils derselben - nach der Überlieferung sind es zwei Brüder gewesen - nach Westpreußen oder vielmehr nach Pommerellen (poln. Pomorze, Landschaft westl. der unteren Weichsel, 1919 an Polen; Anm. Von Th. Papadopoulos; Quelle: Knaurs Lexikon A-Z, Droemer/Knaur), wie das Land damals hieß, wird wohl auf die Bemühungen der polnischen Könige zurückzuführen sein, die höheren Verwaltungsstellen Preußens allmählich mit Polen zu besetzen und damit das sogenannte Judigenatrecht(?) unschädlich zu machen. (Das ........privilegium vom 6. Mai 1454 nämlich, welches bei der Vereinigung Preußens mit Polen das Verhältnis zur polnischen Krone regulierte, gewährte dem ehemaligen Ordenslande seine eigene Verwaltung, garantierte dafür, daß es stets nur eingeborene Preußen zu Beamten haben sollte, und schuf mehr eine Personal-Union mit der Krone Polen, als eine engere staatliche Verbindung. Der vom polnischen König eingesetzte preußische Landrat bestand seit 1508 aus 3 Woeperoden(?), 3 Kastellanen, 3 Unterkämmerern, den Bischöfen von Kulm und Ermland und je 2 Abgeordneten der Städte Danzig, Elbing und Thorn, die jedoch nur eine Stimme führten. Er bildete die erste Abteilung des preußischen Landtags, während der zweite aus den Landboten (Abgeordneten) des Landesadels und der Abgeordneten der kleinen Städte sich zusammensetzte. Von diesem preußischen Landtage, der unter dem Präsidium des Erzbischofs von Ermland bis zum Jahre 1652 seine ordentlichen Sitzungen jährlich im Mai (Stanislaustag?) zu Marienburg und im September (Michaälistag) zu Graudenz, später nur außerordentliche abhielt, kamen alle hervorragenden Angelegenheiten der preußischen Lande zur Beratung; ..... .... wurden die königlichen Botschaften empfangen. Sogenannte kleine Landtage gingen in den Woiwodschaften diesen gemeinen Landtagen voraus, und in Pommerellen hatte man vor dem kleinen Landtage in Stargard noch besondere Zusammenkünfte in Dirschau, Schwetz, Schluchau, Mirchau und Putzig. In allen diesen Versammlungen galt der polnische Grundsatz, daß jeder einzelne Edelmann durch seinen Widerspruch ?nie pozwalam!? dieselbe zur Auflösung zwingen konnte, wodurch oft die heilsamsten Beschlüsse verhindert wurden.)

Diese Separatrechte Preußens zu beseitigen und das Land mit Kron-Polen enger zu vereinigen, war also das unausgesetzte Bestreben der polnischen Könige. So gab man die Starostei(?) Schwetz zum ersten Male 1578 oder 1580 die Starostei Neuenburg im Jahre 1648 an geborene Polen aus. So wird auch mutmaßlich die Starotei(?) Tuchel-Kossobuda an Franz von Lukowicz von König August I. verliehen worden sein. Zum Beweis für die treuen Dienste, welche schon unsere polnischen Vorfahren ihrem König und ihrem Lande geleistet haben, mögen die Auszeichnungen dienen, welche ihnen dafür zuteil wurden: So erhielt der (Zuchaler Starwost?), der Großvater meines Großvaters, Franz den Titel ?Mundschenk von Czernichow?, während sein Bruder Anton ?Mundschenk von Wenden? tituliert wurde und sein jüngster Bruder Christoph als ?Truchses(?) und Linfländischer Schwertträger? fungierte. Mein Urgroßvater Franz Michael, Herr auf Zeisgendorf bei Dirschau, war polnischer Titular-Oberst und wurde von der damaligen polnischen Universität durch ein Ehrendiplom ausgezeichnet mit einem Wappenbilde, welches noch als Vorbild für die Wappenzeichnungen seiner Nachkommen dient. Mein Urgroßvater Franz Michael (sein älterer Bruder Joseph, Landschaftsdirektor, huldigte persönlich und zugleich im Namen seines jüngeren Bruders bei der zweiten Teilung Polens, durch welche Westpreußen an das Königreich Preußen fiel, dem König Friedrich dem Großen) war der Erste unserer direkten preußischen Vorfahren - d.h. Preuße polnischer Nationalität -, behielt aber die polnische Schreibweise des Namens noch bei. Sein und seiner polnischen Gemahlin Aquarellbild, welches ihn in der Uniform der Landstände zeigt, befindet sich in meinem Besitz. Er muß sehr wohlhabend gewesen sein, da er sich eine eigene Musikkapelle halten konnte; aber er starb früh, 39 Jahre alt, 1799 (geb. 1760). Seine Gattin übernahm sein Rittergut Zeisgendorf, konnte es aber infolge der schwierigen, kriegerischen Zeitläufe nicht auf Dauer halten (als ich dasselbe im Jahre 1900 oder 1901 besuchte, war das Schloß leider vor zwei Jahren abgebrannt); es kam zur Subsastation(?) und die Familie verarmte wie so viele andere in jener Zeit. Ihre Söhne wurden im Kadettenhaus Kulm erzogen, welches Friedrich II. Für die Söhne des verarmten polnisch-preußischen Adels gestiftet hatte, und traten in die preußische Armee ein, in der sie mit Auszeichnung dienten. Auch mein Großvater, der älteste, machte als Premierleutnant die Befreiungskriege mit - ein Belobigungsschreiben de Coubières, des tapferen Verteidigers von Graudenz, liegt den Familienakten bei -. Aber, von einem Pferde auf die Brust getreten und leidend geworden, nahm er seinen Abschied und starb, mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet, im Jahre 1860 (geb. 1782) im hohen Alter von 78 Jahren, in den bescheidensten Verhältnissen, aber von allen, die ihn kannten, hochgeehrt, in Czarlin(?) bei Dirschau. Ich hatte, als ich Dirschau im Jahre 1900 oder 1901 besuchte, noch die Freude, auf dem dortigen alte, eingegangenen Friedhof sein wohlerhaltenes Grab (Denkstein mit Eisernem Kreuz) aufzufinden. (Sein Vater ruht in dem Gewölbe der Dirschauer Pfarrkirche). Franz Joseph war der erste echte Preuße in unserer Familie und wählte auch als erster ein deutsches, ....... Edelfräulein, Alexandrine von Lettow-Vorbeck (1795 -1866) zur Gattin. Auch seine Söhne wurden im Kadettenhaus zu Kulm erzogen; doch trat der älteste, mein Vater, Alexander in den Civildienst, die Zollverwaltung über, wurde Steuer......... in Danzig, wurde 1859 als Geh. Rechnungsrenitor(?) zur Oberwachungskammer(?) nach Blidam versetzt und als Rechnungswart(?) und zum 1. April 1870 zur Reichsbank berufen. 1823 geboren, starb er im Sommer 1896 auf einer Erholungsreise in Intalaken(?) und fand dort nach arbeits- und erfolgreichem Leben, das Vorbild eines altpreußischen, pflichttreuen Beamten seine letzte Ruhestätte als Geheimer Regierungsrat. Meine treubesorgte Mutter Antonie geb. Calow, geb. 1823, starb zu Berlin im Oktober 1885, dreiviertel Jahre vor ihrem Gatten. Sein Bruder Wilhelm nahm Teil an dem österreichischen Feldzug 1866 sowie als Bataillonsführer des 43. Infantrie Regiments am Krieg gegen Frankreich teil und starb 1893 (geb. 1829) in Berlin als Oberst a.D. und Ritter des Eisernen Kreuzes. Eine genauere Lebensbeschreibung meiner Voreltern ... befindet sich in meiner ?Familiengenealogie? z. Z. in Händen des Dr. med. Janek von Lukowicz in Konitz, welcher die von mir begonnene Familienforschung in der alten Heimat mit Erfolg fortzusetzen berufen erscheint.

Arthur von Lukowitz